Peter Behrens
Der Maler, Architekt und Designer Peter Behrens (1868-1940) war zu Beginn des 20. Jahrhunderts einer der prägenden Künstler seiner Zeit. Seine gestalterische Tätigkeit betraf nahezu alle künstlerischen Gattungen und steht mit dem Anspruch, sämtliche Lebensbereiche zu behandeln, beispielhaft für die neue Rolle des modernen Industriegestalters.
Mit seinem ersten Haus in der Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt schuf Behrens 1901 ein bis zum kleinsten Gebrauchsgegenstand entworfenes Gesamtkunstwerk, das ihm landesweit Bekanntheit und Ruhm bescherte. Von 1907 bis 1914 war er künstlerischer Berater des AEG-Elektrokonzerns in Berlin. Damit hatte weltweit erstmals ein Gestalter Einfluss auf alle Bauten und Produkte eines Unternehmens – Grafik, Geschäftspapiere und Werbemittel eingeschlossen. Behrens wurde zum führenden Industriebauarchitekten und Formgestalter auf dem Weg in die Moderne. Sein Atelier in Neubabelsberg bei Berlin zog junge Architekten an wie den späteren Bauhaus-Gründer Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier.
Der Stadt Düsseldorf war Peter Behrens durch seine Tätigkeit als Direktor der Kunstgewerbeschule in besonderer Weise verbunden. Zwischen 1903 und 1907 reformierte er die gestalterische Ausbildung grundlegend, indem er oberflächliches Dekorieren und die unreflektierte Nachahmung historischer Stilformen ablehnte. Stattdessen forderte er materialgerechte Formen, die sich an den praktischen Zwecken des Gegenstands und den herrschenden Lebensumständen orientierten. Gleichzeitig positionierte er die integrierte Architekturausbildung gegenüber der seinerzeit rückständigen Kunstakademie neu. Mit der 1911-12 errichteten Mannesmann-Hauptverwaltung an der Rheinuferpromenade, damals eines der modernsten Bürogebäude Europas, hinterließ Behrens zugleich ein architektonisches Zeugnis seiner Tätigkeit, das bis heute das Bild der Stadt Düsseldorf prägt.
Peter Behrens School of Arts
Die Wurzeln der Peter Behrens School of Arts liegen in der 1883 gegründeten Kunstgewerbeschule Düsseldorf, in der schwerpunktmäßig Architektur und angewandte Kunst gelehrt wurde. Unter dem Direktorat von Peter Behrens 1903-07 erfüllte sie eine Vorreiterfunktion in Deutschland, wenngleich Behrens‘ innovative Lehrauffassung auf großen Widerstand stieß. Nachdem die Kunstgewerbeschule infolge des Ersten Weltkriegs aus finanzieller Not und Mangel an Schülern und Lehrern im Jahr 1919 aufgelöst worden war und ihre renommierte Architekturabteilung der Kunstakademie übergeben hatte, erfuhr sie nach dem Zweiten Weltkrieg unter anderem Namen eine Neugründung.
Unterdessen ging die Kunstgewerbeschule Weimar 1919 im Bauhaus auf, das unter Walter Gropius die integrative Lehre aufgriff und zu weltweitem Ruhm brachte. Alle anderen noch verbleibenden Kunstgewerbeschulen in Deutschland wurden während der Nazi-Zeit (1933-45) durch „Meisterschulen für das gestaltende Handwerk“ ersetzt, das Bauhaus aufgelöst. In Düsseldorf entstand ebenfalls eine Meisterschule, die ihrem Namen zum Trotz keinen berufsbildenden Auftrag hatte. Als man in der Nachkriegszeit nach einer Legitimation dieser handwerklich orientieren Schulen suchte, erfolgte in einem langen Reformprozess (1946-49) deren grundlegende Umstrukturierung. Mit Blick auf die Bedeutung der Gestalterschulen für die Industrie wurde schließlich erneut ein Hochschulsystem für „handwerkliche, werkkünstlerische und industrielle Gestaltung“ entwickelt.
So erwuchsen aus den reformierten „Meisterschulen“ die Werkkunstschulen als Nachfolgeinstitutionen der Kunstgewerbeschulen. Ganz im Sinne der Bauhaus-Idee lautete das deklarierte Ziel: Integration. Der „ständige Kontakt zwischen bildender Kunst, Handwerk und Architektur sollte auf alle Bereiche fördernd wirken“. Während die Peter-Behrens-Werkkunstschule Düsseldorf die Einbindung der Architektur und der industriellen Formgebung in den Ausbildungskanon aber vergeblich forderte, konnte das integrierte Konzept bis Mitte der 1950er Jahre in der Werkkunstschule Krefeld durchgesetzt werden. In beiden Schulen wurde im Sinne der freien Lehre „ein vollkommen offenes, modulares Unterrichtskonzept ohne die üblichen Jahrgangsklassen und Semestereinheiten eingeführt“.
Im Jahr 1971, als im Zuge der Bildungsreform die Fachhochschule Düsseldorf ins Leben gerufen wurde, stellten die Werkgruppe Architektur und Innenarchitektur der Werkkunstschule Krefeld und die Peter-Behrens-Werkkunstschule Düsseldorf den Grundstock für die Fachbereiche Architektur und Design. Anlässlich des 65. Todesjahres von Peter Behrens im Jahr 2005 nahm der Fachbereich Architektur den Namen Peter Behrens School of Architecture an. Seit dem 1. Mai 2015 wird der eng vernetzten interdisziplinären Zusammenarbeit der beiden innerhalb der HSD Hochschule Düsseldorf selbständigen Fachbereiche Architektur und Design mit dem gemeinsamen Namen Peter Behrens School of Arts Ausdruck verliehen. Der Kreis zu Peter Behrens schließt sich.
Die Peter Behrens School of Arts bildet rund 1.600 Studierende der Fachbereiche Architektur und Design in vier Bachelor- und drei Master-Studiengängen sowie dem fachbereichsübergreifenden Master-Studiengang „Exhibition Design“ aus. 45 Professorinnen und Professoren, 60 Lehrbeauftragte, 30 Fachlehrkräfte, wechselnde Gastprofessorinnen und -professoren sowie externe Dozenten stehen für eine theoretisch fundierte angewandte Gestaltung in allen Maßstäben und Anwendungsbereichen von Architektur und Design.
Die Peter Behrens School of Arts ist international orientiert und unterhält vielfältige Beziehungen zu Hochschulen im Ausland. Regelmäßige Projekte und Exkursionen im Rahmen der „Intra- und Extra-Muros“-Wochen bereichern den interdisziplinären und internationalen Horizont der Studierenden.
Literatur: Christopher Oestereich, „gute form“ im Wiederaufbau. Zur Geschichte der Produktgestaltung in Westdeutschland nach 1945, Berlin 2000; Gisela Moeller, Peter Behrens in Düsseldorf. Die Jahre von 1903 bis 1907, Weinheim 1991; Friedrich G. Winter, Gestalten, Didaktik oder Urprinzip? Ergebnis und Kritik des Experiments Werkkunstschulen 1949-1971, Ravensburg 1977.