Hannah Diefenbach, 'Von der Illusion der Selbstverständlichkeit'
VON DER ILLUSION DER SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT
ABSCHLUSSARBEIT BACHELOR OF ARTS
In meiner Bachelorarbeit habe ich mich mit unserer Vergänglichkeit auseinandergesetzt und mich auf die Unberechenbarkeit des Lebens, seine Unplanbarkeit und seine positiven, sowie negativen Überraschungen konzentriert. Hieraus resultieren Dankbarkeit und Wertschätzung von Alltäglichem. Hier liegt der Fokus meiner Arbeit, die nicht vom Tod, sondern vom Leben handelt, da es darum geht, dieses Bewusstsein früher zu schärfen als in dem Moment, in dem uns das Schicksal schon schmerzlich überrumpelt hat.
Über die Fragilität und Unberechenbarkeit des Lebens stieß ich auf die kostbaren Dinge, die das Leben birgt, auf all das, was begrenzt vorhanden und natürlich vergänglich ist.
Den Wert, den viele kleine alltägliche Dinge im Leben eines Menschen besitzen können und auch wie schnell ein solches Leben vorbei sein kann, habe ich besonders am Tod einer guten Freundin, durch meine Tätigkeit im Hospiz, sowie während meiner Arbeit in einem Krankenhaus in Jerusalem beobachten können.
Oftmals genügen schon ein liebevoll zubereitetes Abendessen und ein Lächeln, um sehr kranken Menschen oder auch deren Angehörigen eine große Freude zu machen.
1. LAUF DES LEBENS (Holzreifen)
Auf der Suche nach einer geeigneten Form für die Unplanbarkeit des Lebens, habe ich mich von den Jahresringen eines Baumes inspirieren lassen. Die dünnwandigen, aus Grünholz gedrechselten und in ihrem Ausgangszustand regelmäßig angelegten Ringe haben sich während des Trocknungsprozesses unkontrollierbar verformt. Sie stellen Situationen oder Abschnitte des Lebens dar, mehr oder weniger unterschiedliche, die miteinander im Verhältnis stehen und sich gegenseitig beeinflussen können.
Die Ringe werden so zu einem Symbol für die Unberechenbarkeit des Lebens, dafür, dass man noch so genau planen und perfekt sein kann, man dieses aber nie unter Kontrolle hat.
GESAMTKONZEPT
Durch meine Arbeit möchte ich das Bewusstsein des Betrachters für die kostbaren Dinge im Leben schärfen. Durch eine Veränderung des Blickwinkels werden neue Wertvorstellungen erzeugt. Meine Objekte sollen mithilfe von Materialwahl, Form und Bearbeitung ein emotionales Überraschungserlebnis sein, das auf den Betrachter eine positive Wirkung hat. Ich begegne dabei auf ästhetische Weise einem Thema, dem gerne ausgewichen wird, und will damit einen alternativen Ansatz zu der herkömmlichen Vanitassymbolik bieten, der die Menschen „erdet“ und auf die schönen Dinge im Leben verweist.
Die angestrebte Perfektion in der Ausarbeitung meiner Holz- und Porzellanobjekte, mit dem Bewusstsein, dass diese definitiv nicht in ihrer geplanten Form bleiben würden, macht mein Thema aus. Diese Unplanbarkeit, die im Leben immer vorhanden ist und uns machtlos macht, ist im übertragenen Sinne in allen Ausarbeitungen wiederzufinden.
Warum ist etwas oft erst dann besonders, wenn wir schicksalhaft vor Augen geführt bekommen, dass es nicht selbstverständlich ist? Warum kann es nicht schon vorher besonders sein?
Denn so, wie es im Moment ist, kann es jeden Moment vorbei sein.