Heute vor einem Jahr zerstörte eine der schlimmsten Naturkatastrophen in Deutschland viele Regionen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Besonders betroffen von der Flutkatastrophe waren weite Teile des Ahrtals und auch nach einem Jahr sind die Flutschäden dort immer noch deutlich sichtbar. Hilfe wird nach wie vor an vielen Stellen benötigt, und so hatte der dortige Besuch einer Studierendengruppe im Rahmen der diesjährigen Extra-Muros-Woche gleich zwei miteinander verbundene und sich ergänzende Ziele: Zum einen ist es der Zweck der jährlichen Exkursionswoche im Sommersemester, dass Studierendengruppen für eine Woche mit ihren Dozierenden zu verschiedenen Zielen reisen, um sich vor Ort eingehend mit speziellen architektonischen Themen zu beschäftigen. Zum anderen aber haben die 70 Studierenden, die gemeinsam mit ihrem Professor Stefan Korschildgen und dem Leiter der Holzwerkstatt, Franz Klein-Wiele, das Ahrtal aufsuchten, eine Woche lang eigenhändig geholfen, nach wie vor in vielen Gebäuden notwendige Rückbauarbeiten durchzuführen, bei denen es aufgrund des gewaltigen Zerstörungsumfangs und dem Mangel an benötigten Fachkräften immer noch einen enormen Rückstau gibt.
Doch diese Hilfen müssen natürlich auf irgendeine Weise organisiert werden und daher hat sich Professor Korschildgen, der selbst Bekannte in einem der anderen von der Flut betroffenen Gebiete hat, mit der „Dachzeltnomaden“-Hilfsorganisation in Verbindung gesetzt: Was ursprünglich eine campingbegeisterte Community war, hat sich mittlerweile auch zur professionellen Hilfsorganisation entwickelt, die ihr Basiscamp in einem Dorf oberhalb des Ahrtals eingerichtet hat und von dort aus private Einsatzteams koordiniert, ihnen Gemeinschaft, Unterbringungs- und Essensmöglichkeiten bietet, aber sie auch mit Material, Werkzeugen und Knowhow für die Einsätze ausstattet und in die Dörfer transportiert.
Innerhalb einer Woche ist hier eine starke Gemeinschaft gewachsen, die mit leidenschaftlichem Einsatz geholfen und damit vielen Bewohnern des Tals auch neue Zuversicht gegeben hat. Gleichzeitig aber haben die engagierten Studierenden auch wichtige Impulse für ihr späteres Tätigkeitsfeld mitgenommen – denn die Flut hat deutlich gemacht, dass sich für den Wiederaufbau in einer hochwassergefährdeten Region gerade mit Blick auf Klimawandel und Energiewende künftig besondere Fragen stellen. „Architektur muss mehr leisten und auf mehr achten als ausgewogene Proportionen, edle Materialien und Ästhetik, sondern auch verstärkt auf Gesellschaft, Nachhaltigkeit und strategische Prozesse setzen“, fasst der Professor für Entwerfen zusammen.
Auch die Studierenden konnten mit diesen Gedanken immens von der Woche profitieren, denn so erhielten sie nicht nur ein praktisches Gefühl für Gebäude und deren Umfeld, sondern konnten auch jenseits von abstrakten Zeichnungen und Skizzen erleben, was neben einem architektonischen Entwurf für die Fertigstellung eines Gebäudes auch darüber hinaus bedacht werden muss. Und sie konnten gleichzeitig mit großem Teamgeist ganz konkrete solidarische Hilfe vor Ort leisten – was für viele von ihnen auch so prägend war, dass sie bereits überlegen, in den Semesterferien noch einmal dorthin zurückzukehren und gemeinsam weiterzuhelfen.