Hochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences
Fachbereiche Architektur & Design
Peter Behrens School of Arts
​​​Die neue Zeit ist eine Tatsache; sie existiert ganz unabhängig davon, ob wir "ja" oder "nein" zu ihr sagen. Aber sie ist weder besser noch schlechter als irgendeine andere Zeit...Entscheidend wird allein sein, wie wir uns in diesen Gegebenheiten zur Geltung bringen. Hier erst beginnen die geistigen Probleme. Nicht auf das "Was", sondern einzig und allein auf das "Wie" kommt es an. Daß wir Güter produzieren und mit welchen Mitteln wir fabrizieren, besagt geistig nichts. Ob wir hoch oder flach bauen, mit Stahl und Glas bauen, besagt nichts über den Wert dieses Bauens. Ob in Städtebau Zentralisation oder Dezentralisation angestrebt wird, ist eine praktische, aber keine Wertfrage. Aber gerade die Frage nach dem Wert ist entscheidend. Wir haben neue Werte zu setzen, letzte Zwecke aufzuzeigen, um Maßstäbe zu gewinnen. Denn Sinn und Recht jeder Zeit, also auch der neuen, liegt einzig und allein darin, daß sie dem Geist die Voraussetzung, die Existenzmöglichkeit bietet. Ludwig Mies van der Rohe, 1930

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Hypermedia. Interaction Design. Netzwerke der Kommunikation.

Zur Gestaltung interaktiver Systeme im Kontext Bildender Wissenschaft.


Die Anforderungen an das Fach “Interaktive Systeme/Hypermedia” gehen über die praktischen Anforderungen an Screendesign oder Interfacedesign hinaus.

Die Neuen Medien, allen voran das Internet sind in der Lage, Informationen nicht nur auf neue Art zu präsentieren, sondern durch die Spezifik ihrer Aufbereitung neu zu formatieren. Insbesondere das Internet ist eine dramatische Erweiterung unseres kognitiven Raumes, eine reale Virtualität, die der Mensch als Wohnwesen zum Zweck seiner Behausung erschliessen muss.

Konkret bedeutet das:

Die Konstruktion umfassender, monolithischer Gedankengebäude weicht dem Entwurf flexibel nutzbarer Strukturen, die aus Beständen (Texteinheiten, Bilder, Töne) und Operatoren (Verweise, Ansichten, Suchroutinen) gebildet werden.

Die Ebene der Repräsentation ist keine nachgeordnete und beliebig zu realisierende Form vorher an anderem Ort entwickelter Inhalte, sondern sie bildet, in Form von Notationssystemen, den Schauplatz der gedanklichen Entwicklung. Die Bedingungen des Sag- und Zeigbaren gehen unmittelbar konstitutiv in das Denkbare ein. Darstellung und Herstellung bilden einen Funktionszusammenhang.

Durch Modellierung, Visualisierung und Simulation werden neue mediale Erfahrungen ermöglicht, deren Anschauungs- und Interaktionsqualitäten neue Wissenstypen entstehen lassen.

Hypermediale Systeme liefern Kommunikationsanlässe durch anschlußfähig aufbereitete Inhalte. Autoren und Rezipienten treffen sich auf einem medial vermittelten Schauplatz, dessen Effizienz wesentlich durch ästhetische und kommunikative Aspekte bestimmt wird. Die Erweiterung wissenschaftlicher Methoden um gestalterische Aspekte läßt neue Erkenntnis- und Aussagemöglichkeiten erwarten.

Die Gestaltung von Hypermedien eröffnet nicht nur neue Zugänge zu vorhandenen Inhalten, sondern ermöglicht neuartige Erkenntnisformen. Der »Second Order Autor« begnügt sich nicht damit, dieses von außen zu beschreiben und nur ÜBER die Medien nachzudenken, sondern er stellt sich der Forderung MIT ihnen zu denken, den Computer also als erkenntnisgenerierendes Medium anzuerkennen und experimentell zu erkunden. Ein solches Methodenbewußtsein verbindet aktuelles Denken und Produzieren in einer integrativen Gestaltungstätigkeit, die sich als »post-heroische« Theoriebildung begreift.

Nach wie vor ist es eine berechtigte Auffassung vieler Gestalter, mit typografisch-bildnerisch-gestalterischer Kompetenz die unterschiedlichen Medien handhaben und bedienen zu können, da die grundlegenden Prinzipien der Gestaltung universelle Gültigkeit besitzen. Allerdings resultiert diese Ansicht auf einem Verhältnis von Mensch und Medium, das durch eine geringe strukturelle Eigenkomplexität der Medien geprägt war. Die Medien Buch, Fotografie oder auch Film ermöglichen die Präsentation von Zeichenkonstellationen auf einer zweidimensionalen Oberfläche, die

a) grundsätzlich nicht vom Nutzer manipuliert werden können und

b) zumindest bei Buch und Film einer sequentiellen linearen Logik der Ereignisabfolge unterworfen sind.

Der Benutzer hat in der Regel keinen Zugriff auf die Gestalt, noch auf die Elementenemenge, der zur Darbietung verwendeteten Zeichen. Man könnte sagen, es handele sich um Roms, um “Read only memory-Medien”. Das hat im wesentlichen zur Folge, daß der Nutzer und Rezipient dieser Medien vom Produktionsprozess und Zustandekommen des Dargebotenen im wesentlichen isoliert ist.

Mit den Hypermmediamöglichkeiten und dem Fortschreiten der Digitalisierung auf alle technischen Medien und der Möglichkeit diese Medien im Internet darzubieten, ändert sich die Situation total. Im Internet kann jeder auf einfachste Weise zum Autor werden, zum Bildermacher, zum Filmememacher, zum Präsentator seiner eigenen Ideen und Vorstellungen. Das heißt, die Rezeptionsdimension und die Produktionsdimension fallen im Internet zusammen und zwar auf der Ebene des Alltags, des Dilletantismus, des Banalen. Damit soll nicht gesagt sein, daß es keine Professionalität in diesen Medien gibt, aber neben der Professionalität, das läßt sich gerade im Internet sehen, gewinnt zunächst der Einzug des Banalen in diesem Medium die Überhand. Dieses besondere Verhältnis von Produktion und Rezeption führt zu einer enormen Diversifikation der Hypermedien, insbesondere innerhalb des Internet.

Das Internet selbst ist genau in diesem Sinne zu einem Kulturraum geworden, es ist sozusagendas Sprachorgan aller Bereiche der funktional differenzierten Gesellschaft. Die Gesellschaft nutzt das Medium zur Selbstbeschreibung, Darstellung und Archivierung von Informationen der unterschiedlichsten Art und wir sehen heute, wie stark die Art der medialen Konfiguration auf gesellschaftliche Ereignisse zurückwirkt. Aus seiner eigenen, internen strukturellen Komplexität heraus, entwickelt das Medium Anlässe zum Verstehen, zum Erinnern und zum Vergessen, die wesentlich über das hinausgehen, was wir aus anderen Medien bislang kannten. Umso wichtiger ist es für den modernen Gestalter, mit den Mitteln des Mediums zu denken, zu experimentieren und zu handeln. Der Gestalter muss wissen, welche Möglichkeiten das Medium bietet, er muss einen Überblick darüber haben, welche Möglichkeiten innerhalb des Mediums in den verschiedenen Bereichen bereits realisiert wurden und er muss sich vor allem darin üben, die Möglichkeiten der hypermedialen Aufbereitung von Bild, Bewegtbild, Text, Sound, Automatisierungsroutinen und interaktivem Handling, also letztlich reflexivem Handling dieser Operationen sinnvoll einzusetzen.

In einer Zeit in der sich die technischen Standards und Möglichkeiten im Monatsrhytmus erweitern und ändern, muss er sich in die Lage versetzen diese technische Entwicklung zu beobachten und mit aktuell möglichen und nutzbringenden Inhalten zu verweben. Durch die Vielfalt der inhaltlichen Dimensionen im Netz, die jedermanns Zugriff ausgesetzt sind und die von jedermann produziert werden können, wird es für den Gestalter immer wichtiger, Inhalte bedeutsam und damit unterscheidbar zu machen.

Der Gestalter wird mehr und mehr zum Konfigurator, zum Konstrukteur von Inhalten, die durch die Dynamik und die Qualität ihres Nutzwertes sich bereits von anderen unterscheiden. Erst jetzt, nachdem die Inhalte klar sind, nachdem Inhalte von Inhalten unterschieden wurden und vorkonfiguriert sind, beginnt der Teil der Gestaltung, mit dem traditionelle Gestalter in älteren Medien sich im wesentlichen beschäftigt haben.

Erst jetzt, nach der Konstruktion einer aktuellen Stellungnahme geht es darum, die inhaltliche Konstruktion zur Gestalt werden zu lassen, geht es um die Anordnung von Zeichen auf einer zweidimensionalen Oberfläche, um malerisches Raffinement und bildsprachliche Subtilität, um die Verknüpfung der Zeichen mit Sprache, Sound und um die Ausformulierung eines hypermedialen Raumes, in dem Zeichen, Sound, Bild, Bewegtbild eine emergente Gestalt gewinnen und der Rezeption zuhanden gemacht werden.


Das Fach Interaktive Systeme/Hypermedia erfordert demnach die Verknüpfung mehrerer Perspektiven:

technologisch

  • Beobachtung und Bewertung dynamischer technologischer Evolution
  • Entwicklung und Gestaltung technologisch innovativer Produkte und Dienstleistungen
kulturell
  • Anschluß an kulturelle, soziale, politische, wirtschaftliche und künstlerische Diskurse
  • Umverwandlung des Datenvolumens zum sinnvollen Gebrauch
  • Vermittlung
wissenschaftlich
  • Argumentation auf der Basis aktueller wissenschaftlicher und insbesondere medientheoretischer Erkenntnis

gestalterisch

  • Kopplung von Sinn und Sinnlichkeit (Denksinnlichkeit)
  • Differenzierung, Emotionalisierung, Anschaulichkeit, Gestalt
  • Bildwirkung
  • Dramaturgie, Inszenierung
  • Informationelle Schließung zu Gestaltformationen


Lehre

Ziel:

Vermittlung von fachspezifischem Wissen auf der Basis 
eines generalistischen Ansatzes.

generell:

Neuere Ästhetik und Systemtheorie

Schulung von Urteilskraft und Problembewußtsein, Erwerb sozialer, kultureller und historischer Kompetenz

Kultur und Geschichte von Interaktiven Systemen, Hypertext, Hypermedia, digitaler Bild- und Soundbearbeitung, Computergames, KI, Online-Publishing, Social Web, Interaktives TV

speziell:

Technikverständnis (Hard- und Software)

Schnittstellenkommunikation

Mensch-Maschine-Interaktion

Wissensdesign und Wissensvisualisierung (Bildende Wissenschaften)

Aufbereitung und gestalterische Umsetzung von marktorientierten und experimentellen Inhalten

Verknüpfungstechniken (Kooperation, Wissensorganisation, Strategie, Planung, Beratung)


Forschung

Beobachtung, Analyse und Beurteilung:

der Geschichte und der Entwicklung digitaler Technologie (Hard- und Software)

kultureller Artefakte im Onlinebereich und im Zusammenhang mit interaktiven Systemen

theoretischer Erörterungen zum Thema

Entwicklung und prototypischer Aufbau von:

Interaktiven Systemen

Hypermediawissens,- Informations- und Präsentationssystemen

adäquaten Benutzeroberflächen und Navigationssystemen

Crossmedia- und integrierten Systemen

Online-bzw. Hypertextdokumentationen

Online- Datenbanken

narrativen Anwendungen

Lehr- und Lern-, aber auch Unterhaltungsanwendungen


Prof. Dr. Stefan Asmus​

​Leitung

Prof. Dr. phil. Stefan Asmus


Lehrbeauftragte

Dipl.-Des. Arne Rawe​

Dipl.-Des. Max Fiedler

Christian Jendreiko M.A.

Dipl.-Des. Thomas Meyer

​Dipl.-Des. Thorsten Ulbrich

Dipl.-Des. Oliver Salkic

Dr. phil. Ulrich Spieß


Ehemalige

Dipl. Des. Britta Boland

Dipl.-Ing. Michael Zirlewagen​

MFA/MBA Axel Quack

Prof. Dipl.-Des. Tom Hirt (2002-2010)

Prof. Dr. phil. Christof Breidenich (2001 - 2008)

Marcus Klug M.A. (2005 - 2010)